PhDr. Marcel Martin (1976) je vědeckým pracovníkem při PřF UK v Praze (Katedra filosofie a dějin přírodních věd).
Abgesehen von ein paar Kapiteln über die Buchkultur im byzantinischen Reich in der klassischen Arbeit der kürzlich verstorbenen Prof. Růžena Dostálová (1924–2014)[1] und den sehr spezifische Monographien von Viktor Kubík[2] über Böhmen wurde das Thema des rezensierten Buchs bisher nicht systematisch behandelt. Die Übertragung byzantinischer Handschriften und der Buchkultur auf das italienische Umfeld und der Einfluss der byzantinischen Manuskripttraditionen und Sprachkultur auf den aufkommenden Renaissance-Humanismus in Italien fand in Böhmen wenig Beachtung. Das Thema ist terra incognita. Die Situation wurde durch die überarbeitete Monographie von Marcel Martin geändert, die der Autor im Anschluss an mehrere Aufsätze veröffentlicht hat[3], die dem opus magnum selbst vorausgehen. J. Stejskals Buch,[4] das sich zum Teil mit einem ähnlichen Thema befasst, hat den Charakter einer monasteriologischen Studie.
Die vorliegende Monographie analysiert den Einfluss der byzantinischen literarischen Bildung auf den aufkommenden Humanismus in Italien. Der Autor behandelt hauptsächlich die Übertragung griechischer Handschriften in die untersuchte Umgebung und deren Einfluss auf den akademischen Boden Italiens. In diesem Sinn ist die Arbeit eine Pilotstudie in der tschechischen Byzanzforschung, wie der Autor selbst bemerkt: „Das Ziel dieses Buches ist es, die Konturen der kulturellen Übersetzung und den tatsächlichen Prozess der Restaurierung der griechischen Studien im Rahmen des italienischen Humanismus in der Zeit zwischen 1360 und 1534 zu beschreiben. Das erste Datum bezieht sich auf den Beginn des Wirkens von Leonzio Pilato in Florenz, das zweite auf das Todesjahr des byzantinischen Gelehrten Ioannes Laskaris, des prominenten Herausgebers griechischer Werke, und es wird in hohem Maße auf dessen byzantinischen Humanismus hingewiesen.“ (S. 23).
Die Arbeit befasst sich dabei mit folgenden Personen: Nicollo da Reggio, Barlaaam von Seminara, Leonzio Pilato, Francesco Petrarca, Giovanni Boccaccio, Simon Atumano, Manuel Chrysoloras und seine Schüler Roberto Rossi, Jacopo Angeli de Scarperia, Leonardo Bruni, Guarino Guarini von Verona; ferner mit Vittorino da Feltre, Ambrogio Traversari, Francesco Barbaro, Giovanni Aurispa, Rinuccio Aretino von Castiglione, Francesco Filelfo, Antonio Cassaarino, Giovanni Tortelli, Jan Stojkovic von Ragusa, Christoforo Garatone da Trevigi, Ciriaco d’Ancona, Christoforo da Buondelmonti, Antonio da Massa und Bartolomeo Aragazzi da Montepulciano. Besonders intensiv befasst sich der Autor mit den Schreibern des 15. Jahrhunderts, nämlich Konstantin Laskaris, Michael Suliados, Michael Trivolis.
In den letzten Kapiteln beschäftigt sich Martin schließlich auch mit den Protagonisten, die den Aufstieg des Humanismus in Italien maßgeblich beeinflusst haben, das heißt mit Pallo Strozzi, Niccolo Leonico Tomeo und Basileios Bessarion. Dazu kommen Untersuchungen zu den ersten gedruckten griechischen Büchern und den Buchhandlungen, also zu Zacharias Kallergis, Aldo Manuzio, Demetrios Chalkondyles, Ioannes Laskaris, Markos Musuros, Giannozzo Manetti, Georgios von Trapezunt, Theodoros Gaza, Andronikos Kallistos, Georgios Hermonymos, Andronikos Kontoblakas und Nicolo Perotti.
Die Aufzählung der Protagonisten des kulturellen Austauschs, die das Buch behandelt, ist umfassend, doch geht es nicht im Geringsten auf den Austausch selbst ein und hat letztlich den Charakter einer Materialsammlung, was sich auch im literarischen Stil des Autors zeigt. Es ist bedauerlich, dass er nicht stärker essayistisch gearbeitet hat und nicht tiefer in das Thema eingedrungen ist. Wäre das geschehen, hätte das Buch freilich leicht einen Umfang von mehr als tausend Seiten erreicht. Schon in der vorliegenden Form wird der Text von einer unerträglichen Anzahl von Verweisen begleitet – ein Kapitel ist im Durchschnitt mit 400 Fußnoten versehen.
Um die Probleme besser zu verstehen, mit denen sich der Autor befasst, muss man zunächst festhalten, worauf sich diese Monographie nicht bezieht: Es geht weder um paläographische Fragen, noch um die Beziehung byzantinischen Manuskript-Illuminationen zu italienischen Werkstätten, um den byzantinischn Einfluss auf die italienischen Scriptoria, um die griechische Kodikologie, den Prozess der Übertragung von Handschriften, um Fragen der Übersetzungswissenschaft wie die Übersetzung aus dem Lateinischen ins Griechische und umgekehrt, und um speziell sprachliche Fragen, wie z. B. das Verhältnis des Griechischen zum lexikalischen Bestand des humanistischen Lateins usw.
Es handelt sich hier um ein sehr dichtes Buch, für das der Leser eine sorgfältige Vorbereitung und gute Kenntnis des historischen Kontextes benötigt. Doch ist der Sinn dieser Monographie außerhalb eines speziellen wissenschaftlichen Themas zu sehen. Es sollte vermerkt werden, dass der Autor nicht in klassischen Sprachen oder im Italienischen ausgebildet ist; das Buch ist in erster Linie auf der Basis von Sekundärliteratur und von Quellen nicht in griechischer oder lateinischer Sprche entstanden, und erhält auf diese Weise den Charakter einer synthetischen Übersicht. Es geht dem Autor vor allem um „den Prozess der Wiederherstellung der griechischen Studien im italienischen Humanismus … in einem breiteren kulturellen Kontext“, also um den ideologischen Einfluss griechischer Werke im kulturellen Kontext Italiens. In der Umgebung der tschechischen Byzantinistik hat er seine Aufgabe hervorragend erfüllt.
Eduard Neupauer, Byzantinische Zeitschrift, Bd. 111/3, 2018, s. 815–817.
[1] R. Dostálová Byzantská vzdělanost [Byzantinische Bildung]. Praha 1990, 93f.
[2] V. Kubík, Příručka ke studiu středověké ornamentiky. Italské rukopisy (1200–1330) a byzantské rukopisy 10.–13. století. České Budějovice 2008; ders., Poznámky ke vzniku italského gotického systému výzdoby bordur, in K. Horníčkova / M. Šroněk (eds.). Žena ve člunu. Sborník Hany J. Hlaváčkové. Artefactum – Ústav dějin umění AVČR. Praha 2007, 53–70.
[3] M. Martin, Demetrios Chalkondyles: život a dílo. Post scriptum: Dva inaugurační proslovy k založení katedry řeckých studií při univerzitě v Padově roku 1463. Byzantinoslovaca 4 (2012) 126–149; ders., Latinské překlady řeckých děl 12. a 13. století ve vztahu k jižní Itálii, Sicílii a severoitalským městským státům: předpoklady, povaha, následný vývoj a paralely k dalším dobovým překladatelským školám. Parresia 8 (2014) 373–437.
[4] J. Stejskal, Řecké dědictví na západě. Monasticismus, misie a střední Evropa ve středověku. Veduta, České Budějovice 2011.